Das erste Mal V, Teil 3

Ich war erstaunt, wie mir der orkanartige Fahrtwind nicht nur auf dem Helm, sondern auch auf dem gesamten Brustbereich entgegenschlug. Der Unterschied zum Motorrad-fahrtwind ist der, dass man keine nach vorne gebückte, sondern eine aufrecht/ nach hinten liegende Sitzposition einnimmt, die subjektiv dem Wind mehr Stirnfläche bietet. Eventuell ist der 26 Jahre alte Wagen auch aerodynamisch noch nicht ganz ausgefeilt...
Die erste zu fahrende Kurve auf dem kleinen Hockenheimring nach dem Vorstart mündet direkt auf Start und Ziel, das ist die die längste Gerade des Kurses. Für mich war das Ende dieser Kurve das Signal zum maximalen Beschleunigen; doch das war schwerer als erwartet, nachdem das Triebwerk mit dem nur 375KG leichten Gefährt leichtes Spiel hat und das Heck bei dem Versuch, kontrolliert Vollgas zu geben, vehement zu beiden Seiten ausbrach. So schlingernd, raste ich auf die Kurve nach der Boxengeraden zu und suchte nach Anhaltspunkten für einen sicheren, jedoch sportlichen Bremspunkt auf der Ideallinie, die im übrigen in der Froschperspektive keineswegs so logisch erscheint, wie im TV zu sehen. Vielmehr ist die Rennstrecke bei diesen Tempi noch so breit (zumindest ohne Verkehr), dass die Wahl der besten Linie am Anfang recht schwer fällt. Da kam die Kurve schon bedrohlich nahe und ich setzte behutsam meinen Fuss auf das mittlere Pedal, um einem plötzlichen Ausbrechen möglichst vorzubeugen.
Dieses Manoever klappte besser als erwartet, nur, dass ich meilenweit VOR der Kurve das passende Tempo erreicht hatte. So musste es wohl aussehen, als würde ich mein Auto durch die Kurve eher tragen als fahren?! Die nächsten Kurven bremste ich später an und beschleunigte etwas früher, das zwar sehr wohl für meine Rundenzeit einträglich war, nicht jedoch gleichzusetzen mit dem Attribut "Fahrzeugbeherrschung" oder Ähnlichem. Streckenposten, die sich in diesen Gefahrbereichen aufhielten, guckten etwas verwundert angesichts meiner vermeindlichen 'Oldscool'- Fahrweise, schossen reihenweise Photos.
Man kann sich das Fahren unter diesen Rahmenbedingungen etwa so vorstellen, als würde man mit dem (heckgetriebenen) PKW auf einem zugefrorenen See einen Schleuderkursus machen, nur eben im Zeitraffer. Durch die extreme, unmittelbare Nähe zum Asphalt erlebt man alles so bewusst, als würde man auf einer Plastiktüte einen schneebedeckten Hang heruntersausen.
Nach wenigen Runden fühlte ich mich schon richtig sicher. Ich sah keine Chance, die Anderen noch einzuholen, also versuchte ich, meine Drifts länger und aufregender zu gestalten, das war ein Spass! Die Zuschauer verloren anscheinend den Überblick, wer nun Erster und wer Letzter war, und so bekam ich bei jeder Umrundung mehr Applaus, wie ich aus den Augenwinkeln sehen konnte. Unter dem Klatschen und Winken der Zuschauer und meiner Freunde und Helfer konnte ich jetzt ein klein wenig den Triumph erahnen, den Profirennfahrer empfinden müssen, wenn sie die schwarz- weiss- karierte Flagge als Erster sehen. Gerade, als mich eine gewisse Euphorie packte, musste ich mit ansehen, wie sich ein Streckenposten mit rot geschwenkter Flagge mir in den Weg stellte, um mich zurück in die Boxengasse zu leiten. Die Fahrt war wohl wegen des schlechten Wetters wesentlich gekürzt worden, wie ich später von den enttäuschten Rennfahrern erfuhr.
Ich stellte meinen Boliden zurück in das V8- Star- Zelt und kletterte aus dem Cockpit, stolz und glücklich, dass alles ohne Zwischenfälle verlaufen war. Ich verlies das Zelt, um einige Sekunden allein zu sein und um das Geschehene Revue passieren zu lassen, um zu mir zu kommen, da zupfte mich jemand schüchtern von hinten an meinem Rennanzug. Als ich mich umdrehte, glaubte ich meinen Augen und Ohren nicht zu trauen: Der Rennfahrer mit dem silbernen Rennwagen und dem roten Overall, der soeben seinen Einstand auf der Rennstrecke gegeben hatte, sollte bitte, bitte für einige junge Fans Autogramme schreiben! Mit immer noch zittrigen Händen und etwas feuchten Augen kam ich ihrem Drängen ziemlich verdutzt nach. Was für ein Wochenende!
Mein besonderer Dank gilt allen , die mir mit ihrer Unterstützung zur Seite standen; Ihr seid die Guten!Peter Diehm, Tilman Kleber, Ralph Oeser , Günther Pedal, Thomas Schneider, Florian Steppacer, Stefan Stork, Christian Mackh, Karl Wagner, Arne Wolters, Sören Wolters und Simone.